Die Stadt
Am grauen Strand, am grauen Meer
Und seitab liegt die Stadt;
Der Nebel drückt die Dächer schwer,
Und durch die Stille braust das Meer
Eintönig um die Stadt.
Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai
Kein Vogel ohne Unterlaß;
Die Wandergans mit hartem Schrei
Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei,
Am Strande weht das Gras.
Doch hängt mein ganzes Herz an dir,
Du graue Stadt am Meer;
Der Jugend Zauber für und für
Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,
Du graue Stadt am Meer.
Theodor Storm (1817-1888)
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Die Stadt verklingt
Woher die feinen Töne schweben
Wie weit verwehter Düfte Schwaden?
Sie sind vom weiten Weg beladen
Mit Mörtelmehl und Spinneweben.
Verstaubtem Öl in Schlüssellöchern
Und stickluftdunkler Korridore,
Mit Säuren, Weines rotem Flore,
Mit Anklang, eisen, hölzern, knöchern.
Und während sie dich schwer erheben,
Kommt schon der Mond mit großem Rade,
Und unter dir klingt als Ballade
Die Stadt, der Abend und das Leben.
Oskar Loerke (1884-1941)
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Ich will heraus aus dieser Stadt
Ich weiß daß Berge auf mich warten,
Draußen — weit —
Und Wald und Winterfeld und Wiesengarten
Voll Gotteseinsamkeit —
Weiß daß für mich ein Wind durch Wälder dringt,
So lange schon —
Daß Schnee fällt , daß der Mond nachtleise singt
den Ewig-Ton —
Fühle, daß nachts Wolken schwellen,
Bäume
Daß Ebenen, Gebirge wellen
In meine Träume —
Die Winterberge, meine Berge tönen —
Wälder sind verschneit —
Ich will hinaus, mit euch mich zu versöhnen!
Ich will heraus aus dieser Zeit,
Hinweg von Märkten, Zimmern, Treppenstufen,
Straßenbraus —
Die Waldberge, die Waldberge rufen,
Locken mich hinaus!
Bald hab ich diese Straßenwochen,
Bald diesen Stadtbann aufgebrochen
Und ziehe hin, wo Ströme durch die Ewig-Erde pochen,
Ziehe selig in die Welt!
Gerrit Engelke (1890-1918)
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Afbeeldingen
1. Theodor Storm, Büste in seinem Geburtsort Husum.
2. Oskar Loerke, gezeichnet von Emil Stump.
3. Gerrit Engelke.
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